Prof. Gerhardt, Amerikanistik

Professor, Kanzler, Politiker? Das repräsentiert nicht die Realität, auch wenn es in den Medien oft so aussieht. Im Rahmen unserer Themenwoche zu Feminismus haben wir nach positiven Vorbildern gesucht, die das geschlechtliche Ungleichgewicht im öffentlichen Verständnis aufweichen und als Ermutigung dienen sollen. Das ist das Ergebnis. Viel Spaß beim Lesen!

Wer sind Sie? 

Ich bin Professorin für Amerikanistik an der Universität Bamberg und empfinde es seit langem als großes Privileg, in der Forschung und Lehre selbst und völlig frei neue Themen entwickeln und bearbeiten zu können. Promoviert habe ich zu Romanen über die Umbruchzeit nach Ende der amerikanischen Sklaverei, für meine Habilitation habe ich zwei der wichtigsten Dichter*innen der USA, Walt Whitman und Emily Dickinson, aus ökologischer Sicht gelesen und aktuell interessiert mich der Zusammenhang von Migration und Umweltbewusstsein in der Gegenwartsliteratur. Gleichzeitig fand ich es schon immer wichtig, Universität als gesellschaftliche Institution und öffentlichen Raum mitzugestalten. In der Amerikanistik organisiere ich mit meinem Team seit 10 Jahren Vortragsreihen, Veranstaltungen für internationale Studierende, Sommerschulen und größere Events, etwa zur US-Präsidentschaftswahl; ab Herbst 2020 kann ich mich als Vizepräsidentin für Diversität und Internationales noch einmal auf einer ganz neuen Ebene einbringen.

Wie sind Sie Professorin für Amerikanistik geworden?

Ich habe an der Humboldt Universität in Berlin Anglistik, Amerikanistik und Germanistik studiert und meine Amerikanistik-Abschlussprüfung lange hinausgezögert – ich habe alles gelesen, was ich in die Hände bekommen konnte und wollte nach dem Studium vor allem eins: nach Amerika. Meine mündliche Abschlussprüfung hat mir dann eine Promotionsstelle eingebracht, zunächst in Dresden, dann an der Universität Dortmund. Nach Lehr- und Forschungsaufenthalten an der Ohio University, der Oglethorpe University in Atlanta und der Iowa University – und insgesamt sehr dichten, arbeits- und erlebnisintensiven Jahren – konnte ich eine Professur an der Universität Freiburg vertreten und war im Anschluß zwei Jahre Direktorin des AmerikaHauses in Freiburg. Dann kam auch schon der Ruf nach Bamberg.

Was ist für Sie das Wichtigste/Spannendste an Ihrer Tätigkeit?

Mit Menschen in Kontakt zu kommen, die für ähnliche Fragen brennen wie ich, ob auf Tagungen oder im Seminar. Veranstaltungen zu organisieren, die Resonanz haben. Etwas bewegen zu können – in einem Aufsatz, der meine Ideen in Dialog mit anderen bringt oder bei Studierenden, die in unseren Seminaren über ihre eigene(n) Kultur(en) genauso viel lernen wie über eine scheinbar fremde. Zu erleben, wie sich “mein” Fach und auch die Universität als Ganzes kontinuierlich weiterentwickeln und wie produktiv der beständige Austausch von Ideen ist.

Was ist die größte Herausforderung in Ihrer Tätigkeit?

Der beständige Wechsel zwischen Aufgaben, die schnelles Handeln erfordern und einem Modus, in dem ich mich vertieft mit einen Thema befassen kann. Oder auch zwischen völlig verschiedenen, größeren Projekten hin und her switchen zu müssen.

Wie wollen Sie sich als neue Vizepräsidentin für Internationales und Diversity einbringen?

Ich möchte zunächst so viel wie möglich mit Kolleg*innen, Studierenden, Mitarbeiter*innen darüber sprechen, welche Projekte und Ideen es in den Bereichen Diversity und Internationales bereits gibt, an die wir anknüpfen sollten, aber auch darüber, wo der Schuh drückt. Mit Blick auf unser besonderes Fächerspektrum und auf die sich verändernde gesellschaftliche Situation, in die die Universität eingebettet ist, möchte ich Forschungs- und Lehraktivitäten zum Thema Diversity und mit internationaler Ausrichtung gezielt fördern und beides auch verschränken. Ich möchte eine zentrale Anlaufstelle für Diversity einrichten und Impulse geben, um unser Akademisches Auslandsamt so ausbauen, dass es nicht nur für Studierende, sondern auch für Forscher*innen und Universitätspartnerschaften zur ersten Adresse für alles Internationale wird. Mehr internationale Gastprofessuren und Mobilitätsprojekte für den wissenschaftlichen Nachwuchs, offene Diskussionsforen, Schulungen, Veranstaltungen und Aktionen zu Diversity-Themen – all das soll dazu beitragen, die Universität Bamberg zu einem ein ausgrenzungs- und diskriminierungsfreien Ort der Forschung und Lehre zu machen, an dem wirklich alle willkommen sind, und zu einer Institution, die diese Haltung auch selbst in die Welt trägt.

Traumberuf als Kind?

Tierpflegerin, Försterin, Meeresforscherin. Später wurde daraus Übersetzerin und “an der Uni unterrichten.”