Ute Schmid, Informatik
Professor, Kanzler, Politiker? Das repräsentiert nicht die Realität, auch wenn es in den Medien oft so aussieht. Im Rahmen unserer Themenwoche zu Feminismus haben wir nach positiven Vorbildern gesucht, die das geschlechtliche Ungleichgewicht im öffentlichen Verständnis aufweichen und als Ermutigung dienen sollen. Das ist das Ergebnis. Viel Spaß beim Lesen!
Wer sind Sie?
Ich bin seit 2004 Professorin für Angewandte Informatik mit Schwerpunkt Kognitive Systeme an der Universität Bamberg. Ich forsche und lehre zum Thema Künstliche Intelligenz, speziell dazu, wie man partnerschaftliche KI-Systeme entwickeln kann. Als ich nach Bamberg kam, habe ich direkt das Amt der Fakultätsfrauenbeauftragten übernommen, das ich bis heute inne habe — mit Ausnahme meiner zweijährigen Amtszeit als Dekanin. Außerdem engagiere ich mich dafür das Thema Informatik und speziell auch Künstliche Intelligenz an Kinder und Jugendliche zu vermitteln. Bereits 2006 habe ich unter dem Titel „Wer ist schlauer: Mein Computer oder ich?“ das Thema KI bei der Kinderuni Bamberg vorgestellt.
Wie sind Sie Professorin für Angewandte Informatik geworden?
Ich habe zunächst Diplom-Psychologie an der TU Berlin studiert und habe mich dort vor allem für experimentelle Kognitionsfoschung interessiert. Zur Informatik kam ich, weil ich merkte, wie viel Spass es mir macht, selber Programme für Experimente und statistische Auswertungen zu schreiben und darüber, dass ich in einem Seminar Ansätze kennengelernt habe, mit denen versucht wird, kognitive Prozesse als Computerprogramme zu modellieren. Nach dem Diplom in Psychologie habe ich dann parallel zu meiner Stelle als Wissenschaftliche Mitarbeiterin in der Psychologie noch Informatik studiert und ebenfalls mit Diplom abgeschlossen — im selben Jahr, in dem ich promoviert habe. Danach war ich wissenschaftliche Assistentin (C1) in der Gruppe Methoden der Künstlichen Intelligenz an der TU Berlin und habe mich dort für das Fach Informatik habilitert. Ich war als Post-Doc über ein DFG-Stipendium an der Carnegie Mellon University und als akademtische Rätin an der Universität Osnabrück, bevor ich den Ruf auf die Professur in Bamberg erhalten habe.
Was ist für Sie das Wichtigste/Spannendste an Ihrer Tätigkeit?
An der Universität finde ich die Mischung aus der Möglichkeit zur Grundlagenforschung ohne Zwang zur direkten Verwertbarkeit mit forschungsnaher Lehre extrem attraktiv. Am meisten Spass macht die direkte Zusammenarbeit mit Doktorandinnen und Doktoranden sowie mit internationalen Kolleginnen und Kollegen in der Forschung. Auf Lehre würde ich nicht verzichten wollen. Ich freue mich immer, wenn ich bei Studierenden Interesse an „meinen“ Themen wecken kann und unterstütze diese dann gerne, auch was wissenschaftliche oder allgemein berufliche Orientierung betrifft.
Was ist die größte Herausforderung in Ihrer Tätigkeit?
Wissenschaft ist ähnlich wie Kunst ein sehr einnehmender Beruf, den man nicht wirklich „nine to five“ erledigen kann. Aktuelle Arbeiten begleiten einen — wo möglich bis in den Schlaf. Man muss sich permanent Kritiken stellen — Publikationen oder Anträge werden ja immer wieder mal abgelehnt — und man muss entsprechend sehr an sich und seine Themen glauben. Meine größte Herausforderung ist es, Familie und Beruf zu vereinbaren.
Wie kommt man von Psychologie zu Informatik?
Über das Interesse daran, besser zu verstehen, wie menschliches Denken, Lernen, Problemlösen und Wahrnehmen funktioniert. Diese Frage liegt der Kognitionspsychologie und Teilen der Künstliche Intelligenz Forschung zu Grunde. Im Informatikstudium waren meine Hauptinteressen Theoretische Informatik und deklarative Programmierung und eben auch schon KI. Mein Hauptantrieb ist, im Bereich maschinelles Lernen, Ansätze zu entwicklen, die näher an die unglaubliche Mächtigkeit und Flexibilität des menschlichen Lernens kommen als dies aktuell der Fall ist.
Wenn Sie etwas an der Uni ändern könnten, was wäre es?
Wenn ich etwas an der Uni ändern könnte, würde ich versuchen, die Strukturen stärker dahin zu ändern, dass Studierende nicht das Sammeln von ECTS Punkten als das Wesentliche sehen, sondern die Chance haben, ihre Leidenschaft für einen Bereich zu entdecken. Studium sollte möglichst wenig mit Auswendiglernen und Abhaken zu tun haben, sondern mit intrinisch motiviertem Erwerb von Wissen und von Fertigkeiten. Respekt verdienen alle, die das, was sie tun, mit Leidenschaft und Kompetenz betreiben — das gilt für Handwerksberufe genau wie für akademische Berufe.